Binnenschifffahrt und Binnenhäfen sollten mit einer Stimme sprechen!

Von der Schaffung eines Netzwerkes erhoffen sich Pro Danube Austria und der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt eine höhere Durchschlagskraft als Interessenvertretung für ihre Mitglieder. Auch die Industrie soll an Bord geholt werden, um die bekannten Probleme auf der Donau gemeinsam zu bewältigen.

Der PDA-Vorstand und seine Gäste bei der Mitgliederversammlung in Wien.

WIEN. Die Entwicklung und Umsetzung von Initiativen zur Steigerung der Attraktivität der Wasserstraße Donau bleibt eine herausfordernde Sache. Für den Verein Pro Danube Austria (PDA) besitzt die Bewusstseinsbildung sowohl der verladenden Wirtschaft als auch der breiten Öffentlichkeit für den umweltfreundlichen Verkehrsträger die höchste Priorität. Dafür betreiben Präsident Mag. Fritz Lehr und der soeben um das neue Mitglied mit Zuständigkeit für die „Weiße Schifffahrt“ Dr. Wolfgang Lüftner erweiterte Vorstand unermüdlich Lobbying. Dabei beschreiten die handelnden Personen mit Unterstützung von Pro Danube International seit geraumer Zeit den Weg der Kooperationen mit den „Schwesterverbänden“ in den anderen Donau-Anrainerstaaten beziehungsweise mit der Industrie. Zielsetzung dieser „Knochenarbeit“ ist die Stärkung der Verhandlungsposition insbesondere im behördlichen und politischen Umfeld:

So sehr alle Beteiligten von ihrem Engagement für PDA überzeugt sind, so kritisch reflektieren sie den Status quo auf der Wasserstraße Donau. Der stellt sich kurz gefasst so dar, dass die von der Güterschifffahrt von und nach Österreich beförderten Mengen stagnieren und in einigen Segmenten sogar leicht rückläufig sind. „Sogar Unternehmen, die sich am Wasser angesiedelt haben, verzichten teilweise auf den Schiffsumschlag, weil ihnen das zu unsicher ist“, berichtete DI Christian Mokry, Leitung Einkauf voestalpine Steel Division, auf der PDA-Mitgliederversammlung am 9. Juni in Wien. Ausschlaggebend dafür seien in erster Linie das Fehlen einer das ganze Jahr über garantierten Fahrwassertiefe und die Unzulänglichkeiten im Bereich der Infrastrukturen für den wasserseitigen Umschlag speziell auf den unteren Streckenabschnitten der Donau. Daher bräuchten die Verlader zum Schutz vor bösen Überraschungen immer einen Plan B, was manchen Betroffenen zu beschwerlich sei. Noch dazu wo die Verkäufer der Bahnen und der Straßentransporteure vor ihren Türen Schlange stehen. Umso vehementer müsse das Lobbying für die Verbesserung der Infrastruktur entlang der Donau vorangetrieben werden.

Mindestens ebenso relevant ist die Einführung von einheitlichen Regulatorien für die Güterschifffahrt auf der Donau. Es gibt nach wie vor unzählige bürokratische Hindernisse und administrative Barrieren. „In einigen Ländern an der unteren Donau ist die von den Behördenvertretern ausgeübte Willkür teilweise massiv. Das fängt bei der Erhebung von fragwürdigen Gebühren an und betrifft viele andere Aspekte in der Binnenschifffahrt“, berichtete Mag. Manfred Seitz von Pro Danube International auf der PDA-Mitgliederversammlung.

Nach seiner Einschätzung der Sachlage gibt es in der Binnenschifffahrt zu viele Behörden und herrscht ein akuter Bedarf im Hinblick auf die Einführung von verbesserten Abläufen und Rahmenbedingungen. Auf einer mitgebrachten Chart dokumentierte Manfred Seitz das Sammelsurium an Behörden mit Berührungspunkten zur Binnenschifffahrt. Darauf sind neben der Grenzpolizei die Steuer- und Zollverwaltungen, die Obersten Schifffahrsbehörden, die Hafenbehörden sowie die Kanal- und Wasserstraßenbehörden angeführt, wobei diese Aufzählung keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. In Bulgarien, Rumänien und Serbien treiben es die Behördenvertreter besonders bunt, beklagen die Repräsentanten der Schifffahrtsunternehmen. Umso vehementer arbeiten PDA und PDI an der Umsetzung der Vision mit dem Titel „Same River – Same Rules“, was im Endeffekt auch eine Entlastung der Behörden bewirken würde. Es wäre zu kurz gegriffen, die Problembereiche auf der Wasserstraße Donau einzig und allein den Ländern in Südosteuropa anzulasten. Auch auf anderen Streckenabschnitten gibt der Zustand der Infrastruktur Anlass zur Sorge. Der Geschäftsführer eines namhaften Binnenschifffahrtunternehmens sagte gegenüber dieser Zeitung, er bete laufend für das Funktionieren der Schleusen im RMD-Wechselverkehr. Es vergehe praktisch kein Tag ohne das Auftreten eines Problems an irgendeiner Schleuse. Diese Meinung bekräftigte der Präsident im Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) Martin Staats mit der Bemerkung, „dass wir derzeit hauptsächlich die dringend notwendigen Schleusenrevisionen im Auge haben und dann erst über die Verbesserung der Fahrwasserwege nachdenken“.

Die Unternehmen der deutschen Binnenschifffahrt transportieren auf Wasserstraßen, Flüssen und Kanälen mit 7.500 Kilometer Gesamtlänge zwischen 220 und 240 Mio. Tonnen Güter im Jahr. Ihre 7.500 Mitarbeitenden verteilen sich in etwa zur Hälfte auf die Fracht und auf die Personenschifffahrt. Zur Infrastruktur gehören rund 350 Schleusenanlagen, 300 Wehranlagen, vier Schiffshebewerke und 1.300 Brücken. Laut Schätzungen des BDB sind über 60 Prozent der Schleusen in einem bedenklichen technischen Zustand und besteht in den nächsten 20 Jahren ein Bedarf für rund 100 Ersatzbauwerke. Das ist ein astronomisch hoher Wert, wo doch in den letzten 20 Jahren gerade einmal 10 Neubauten umgesetzt wurden.

Alleine für die Erhaltung und Modernisierung der bestehenden Wasserstraßeninfrastruktur in Deutschland wird ein Jahresbudget in der Bandbreite zwischen 900 Mio. Euro und 1 Mrd. Euro benötigt. Davon abgesehen sind Schritte zur Aufwertung der Donau zu einem sicheren Verkehrsträger notwendig, um ein erheblich größeres Frachtaufkommen für die Binnenschifffahrt zu akquirieren.

Nicht zuletzt aus diesem Grund sucht auch der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt den Schulterschluss mit den gleichgesinnten Verbänden im In- und Ausland beziehungsweise mit der Industrie. Daran knüpft BDB-Präsident Martin Staats die Hoffnung auf ein „stärkeres Sprachrohr“ zur Herbeiführung von optimierten Rahmenbedingungen für die Branche, „von dem dann alle Beteiligten etwas hätten“. Damit liegt er auf einer Linie mit PDAPräsident Fritz Lehr, der auf der Mitgliederversammlung in Wien auch seine Freude über den von massiven Investitionen begleiteten Boom in der „Weißen Schifffahrt“ zum Ausdruck brachte. Dieses Szenario wünscht er sich auch für die Güterschifffahrt auf der Donau!

BDB-Präsident Martin Staats steuerte einen Bericht aus Deutschland bei.